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Lückenschluss und positives Ende
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Spätestens seit Anfang des Jahres 2010 hätte „Lückenschluss“ Chancen zum Wort des Jahres in Sebnitz und Umgebung gewählt zu werden. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht in der „Sächsischen Zeitung“ oder einem Dresdner Blatt über die Eisenbahnverbindung Sebnitz – Dolni Poustevna berichtet wird. Dabei wurde manches übertrieben, weggelassen oder einseitig beleuchtet. Als einer der aktiven Befürworter der fehlenden Bahnverbindung möchte ich mich dazu etwas ausführlicher äußern. Bekanntlich beschäftigt das Thema „Lückenschluss“ seit Jahren alle Versammlungen des Zweckverbandes Verkehrsverbund Oberelbe (ZVOE), die Bürgermeister der Grenzstädte oder Eisenbahnfreunde wie Gunter Gebauer und Dieter Hesse. Und natürlich die Beamten in den entsprechenden Ministerien. Doch es ging nie recht vorwärts. Das Thema dümpelte so vor sich hin. Auch für mich war es lange Zeit ein Problem unter vielen, doch dass alle Bemühungen bisher nichts brachten, wurmte mich mehr und mehr. Dann kam mir der Gedanke an eine Menschenkette, eine außerparlamentarische, basisdemokratische Aktion, die sicher im Mega-Wahljahr Wirkung zeigen könnte. Neben anderen sprach ich logischerweise auch Günter Gebauer an, der den Gedanken sofort gut fand, aber als CDU-Parteisoldat gleich seinen Oberbürgermeister konsultierte. Der wollte natürlich wissen, was in seiner Stadt passiert und war zunächst etwas skeptisch. Brauchte sein unterlegener Herausforderer der Linken ein Wahlkampthema? Als er sich überzeugt hatte, dass es sich, wie anhand der Erstunterzeichner des Aufrufs ersichtlich, nicht nur um eine Partei übergreifende sondern um eine parteiunabhängige Aktion handelte, setzte er sich mit dem ihm eigenen Geschick für die Sache ein und gab auch selbst die Anregung, statt einer Menschenkette einen Marsch von Bahnhof zu Bahnhof zu unternehmen. Erst die Zeitung sprach dann von einer Demonstration, was aber durchaus richtig ist. Über alles Weitere wurde oft geschrieben, ich möchte aber einmal die wichtigsten Mitstreiter neben Dieter Hesse nennen. Einladungen und Werbung konnte ich größtenteils über den Kinoclub abwickeln. Für die Organisation der eigentlichen Veranstaltung gewannen wir Harald Starke vom Buchbergverein. Daniel Ulbricht befreite die Marschstrecke vom gröbsten störenden Gestrüpp. Als Enfant Terrible erwies sich aber einmal mehr Dieter Hesse. Er sprühte nicht nur von Ideen, um eine große Wirksamkeit zu erzielen. Er legte auch am eifrigste Hand an, um sie zu verwirklichen. Wunderbar sein Gedanke, gleich symbolisch einige Meter Gleis neu zu verlegen und diese von den Bürgermeistern verschrauben zu lassen. Er besorgte die am Gleis angebrachten Staatswappen, ließ eine ironische Bahnhofs-Durchsage erklingen und fuhr mit seiner straßentauglichen Eisenbahn zünftig neben den Demonstranten her. Was die Aktion der Gleisverlegung betrifft, so waren nach Vorbereitungen durch Dieter Hesse an der fünfstündigen Aktion neben ihm Harald Starke, Rainer Böhme und Martin Kuchar sowie später Daniel Ulbricht und ein Wanderer aus Dresden beteiligt, der die Aktion anfangs interessiert beobachtete und dann einfach mit zufasste. (Siehe Fotos). Bei weiteren Arbeiten erhielt Dieter Hesse Unterstützung von Petr Kuchar. Zu erwähnen wären auch noch die über 10 Ordner während des Marsches. Lohn für die Aktivisten und hoffentlich von großem Gewicht für die weitere Entwicklung war aber letztlich die Teilnahme von so vielen Menschen beiderseits der Grenze, einschließlich der geladenen Politiker an der Demonstration. Hier zeigte sich, wie der Bürger politischer Akteur sein kann, wie er auch außerhalb von Wahlen die parlamentarische Arbeit und hoffentlich auch politische Entscheidungen beeinflussen kann. Zwei Ergänzungen halte ich für nötig. Die Unterschriftensammlung - eine gute Sache und wertvolle Ergänzung der Bürgeraktion. Aber gleichzeitig auch eine parteiegoistische Wahlkampfaktion der CDU, von vielen Bürgern mir gegenüber als hinterhältig bezeichnet und, wie ich meine, auch ein Bruch der Vereinbarung, die Aktion während des Wahlkampfes nicht parteipolitisch zu instrumentalisieren. Sei`s drum, ich habe auch unterschrieben, aber als Aufruf des Bürgerkomitees wären sicher noch mehr Unterschriften zusammen gekommen. Zum Diebstahl der Gleise. Ich glaube, neben Dieter Hesse und dem Bürgermeister von Dolni Poustevna hat sich niemand ehrlichen Herzens so darüber geärgert wie ich, denn wir hatten ja mit den 10 m Gleis (nicht 20 m) ein regelrechtes Kultobjekt geschaffen. Dabei halfen uns sogar die späteren Diebe beim Bau der Gleise, indem sie eine nicht benötigte Eisenschwelle entsorgten. Es wurde auch in etwa geäußert, dass sie später, wenn einmal die neuen Gleise verlegt werden, vielleicht noch mehr Schrott vorfinden würden. Nun gibt es zum Lückenschluss, wie zu anderen Dingen auch, drei Grundhaltungen: Befürwortung, Ablehnung und Gleichgültigkeit, die oft am meisten verbreitet ist. Und zu letzteren gehören eben auch die Täter des Gleisdiebstahls. Ja, es war Diebstahl, obwohl der materielle Schaden m. E. nicht einmal die Grenze zur Straftat erreichte, denn sie bekamen nicht 90 EUR vom Schrotthändler wie am 3. September in der SZ geschrieben, sondern nur 350 KC, umgerechnet also ca. 14 EUR. Bürgermeister Jemelka ärgert sich ebenso wie ich am meisten darüber, dass sie nicht begriffen, an welchem Kultobjekt sie sich da vergriffen und dass sie zu einer enormen Rufschädigung der tschechischen Grenzbewohner als Hauptakteure für die Kriminalität in Deutschland beitragen. Die reißerische Überschrift des Artikels vom 03.09. gibt dem vollkommen Recht. Natürlich kann und muss man mehr im Kampf gegen Kriminalität tun, dazu bedarf es aber keiner ausländischen Sündenböcke. Wer in einem fast ganzseitigen Artikel minutiös Straftaten von Ausländern beschreibt ohne ihren prozentualen Anteil auch an der Kriminalität im Grenzgebiet zu erwähnen, vermittelt ein falsches Bild von der Wirklichkeit. Wir benötigen tatsächlich mehr Polizei, aber keinesfalls hauptsächlich wegen der offenen Grenze. Dazu braucht es aber einen Staat, der für Geld in seinen Kassen sorgt und nicht weitere Steuergeschenke an Vermögende auf der einen Seite und Sozialabbau und Polizeiabbau auf der anderen Seite plant wie von einer schwarz – gelben Regierung zu erwarten ist und die schon deshalb verhindert werden sollte. Für Mobilität in der Fläche, auch grenzüberschreitend, müssen mehr staatliche Mittel bereitstehen, mit erhöhten Fahrpreisen und niedrigeren Lohnkosten für private Anbieter wird man den öffentlichen Nahverkehr nicht entwickeln können. Und der Lückenschluss wird nicht mehr Kriminelle ins Land spülen, sondern dazu beitragen, die Nachbarn enger zu verbinden. Bei Fahrten zu touristischen Zielen, Kultur-, Sport- und Einkaufsstätten; zum beiderseitigen Nutzen.